Muay Thai? Ringen? BJJ? Boxen? – gibt es eine „überlegene“ Kampfsportart im MMA?

Die Mixed Martial Arts sind ja ihrem Wesen nach, wie der Name schon sagt, die Sportart der gemischten Kampfkünste. Doch wie viel „gemischte Kampfkünste“ stecken wirklich noch im modernen MMA-Sport? Gibt es eine Rangfolge oder gar eine Dominanz einer Kampfsportart über die übrigen?

Wir haben uns mal dran gesetzt und die aktuellen UFC-Champs hinsichtlich ihres Kampfstils untersucht. Dass daraus natürlich keine wissenschaftliche Arbeit mit einer eindeutigen, unanfechtbaren Aussage werden kann ist klar, trotzdem kann es ja mal durchaus interessant sein, sich die Zahlen anzuschauen. Wer siegt oft durch Submission? Wer verlässt sich lieber auf seine Schlagkraft?

Schwergewicht

Titelträger im Schwergewicht ist seit Dezember 2012 Cain Velasquez. Velasquez, dessen kampfsportlicher Background mit Ringen und Kickboxen angegeben wird, hat momentan eine Bilanz von 12 Siegen bei einer Niederlage. Bis auf 2 seiner Kämpfe, die durch Decision endeten, konnte Velasquez alle seine Kämpfe durch KO oder TKO gewinnen. Ein Submissionsieg kann der aus Salinas, Californien stammende Velasquez nicht nachweisen. Klarer Punkt für Stand up.

Halbschwergewicht

Jon Jones, Champion im Halbschwergewicht seit 19. März 2011, zählt inzwischen wohl zu den stärksten Kämpfern in der UFC. Vor allem eine Ellbogentechniken im Stand wie auf dem Boden sind gefürchtet. Doch wie sieht die Bilanz von Jones aus? 19 Kämpfe, 18 Siege, 9 per Knockout oder TKO, 6 Submissionsiege, 3 Decisionsiege. Jones kann also als wirklich kompletter Kämpfer gelten, der seine Gegner sowohl durch sein starkes Stand up, also auch durch gefährliche Submissions besiegen kann. Er gehört damit zur neuen Generation von Kämpfern, die keinen bestimmten Kampfsportbackground mehr haben, sondern mit der Sportart MMA aufgewachsen sind. Dementsprechen: Unentschieden.

Mittelgewicht

Anderson Silva. Ein Name, der aktuell als einer bester MMAler aller Zeiten gilt. 37 Kämpfe, 33 Siege, 20 durch (T)KO, 7 durch Submissions, 4 mal musste er über die Zeit. Silva, Mitglied der legendären Chute Boxe Academy, ist bekannt für sein herausragendes Stand Up. Nur wenige Kämpfe besitzen die selbe Fähigkeit zur Antizipation von Angriffen und die phänomenale Geschwindigkeit zu kontern, wie Silva sie hat. Zwar verfügt er auch auf dem Boden über gute „Skills“, seine Stärke ist aber definitiv sein Stand up. Ein Punkt für Stand up.

Weltergewicht

26 Kämpfe, 24 Siege, 8 (T)KO, 5 Submissions, 11 Decisions. Das ist die Bilanz von George St. Pierre. Im Gegensatz zu den bisher genannten Kämpfern verfügt GSP über eine bedeutend geringere Rate was (T)KO Siege betrifft. Dies liegt wohl einerseits an der niedrigeren Gewichtsklasse (je niedriger die Gewichtsklasse desto weniger (T)KO-Siege), andererseits aber auch an GSPs Kampfstil. Bekannt – und von manchen auch gehasst – ist GSP wegen seiner herausragenden Fähigkeiten, den Gegner durch sein BJJ und sein Ringen auf dem Boden zu kontrollieren. Nicht immer schön anzuschauen, aber extrem effektiv. Hier also ein klarer Punkt für den Bodenkampf.

Leichtgewicht

Benson Henderson, amtierender Leichtgewichtschamp, blickt auf 19 Siege in 21 Kämpfen zurück. Nur 2 davon konnte er per (T)KO gewinnen, 8 mal besiegte er seinen Gegner per Submission, 9 Siege kamen per Decision zustande. An sich würde man Henderson, BJJ Blackbelt und All American Wrestler, also eher zur Bodenkampffraktion zählen. Seine letzten 8 Kämpfe gingen jedoch alle über die Zeit,wobei Henderson sowohl auf dem Boden als auch im Stand eine gute Leistung zeigte. Daher: Unentschieden, auch wenn ein Punkt für Bodenkampf ebenfalls in Ordnung gehen würde.

Federgewicht

Jose Aldo widerspricht der Tendenz, dass in niedrigen Gewichtsklassen meist nur wenig KO-Siege gefeiert werden. In 23 Kämpfen, von denen Aldo 22 gewann, besiegte er seine Gegner 13 mal per (T)KO, nur 2 mal konnte er durch eine Submission als Sieger den Käfig verlassen. Klarer Punkt für Stand up.

Bantamgewicht

Hier nehmen wir den momentanen Interimschamp Renan Barao. Der brasilianische BJJ-Schwarzgurt ist seit seinem Sieg über Urijah Faber im Juli 2012 Interimschamp im Bantamgewicht, hat bisher 32 Kämpfe bestritten, 30 davon siegreich und konnte dabei 14 mal per Submission gewinnen. Dem gegenüber stehen immerhin 6 Knockouts. Trotzdem geben wir den Punkt an dieser Stelle an den Bodenkampf.

Fliegengewicht

Demetrious Johnson, gelernter Ringer, konnte 17 seiner 20 Kämpfe siegreich beendet. 3 davon per (T)KO, 6 durch Submission, 8 per Decision. Aufgrund seines ringerischen Backgrounds geben wir den Punkt an dieser Stelle ebenfalls an den Bodenkampf.

Insgesamt sehen wir also für 3 Titelträger einen Stand Up-Background, während wir bei ebenfalls 3 anderen, eher einen Bodenkampf-Background, sei es Ringen oder BJJ als federführend in ihren Kämpfen sehen. Bei Jon Jones sowie Benson Henderson haben wir das ganze unentschieden gewertet.

Natürlich ist solch eine Einschätzung immer ein wenig subjektiv geprägt, hat also keinen Absolutheitsanspruch. Interessant ist es trotzdem, eine klare Tendenz zum Stand up oder dem Bodenkampf kann also nicht mehr ausgemacht werden. Die Zeiten der frühen 90er, in denen die Bodenkämpfer den Standkämpfern überlegen war sind jedenfalls vorbei.trotzdem kein Grund den BJJ Gi an den berühmten Nagel zu hängen.

Jon Jones symbolisiert dabei wohl den Prototyp der modernen Kämpfer. Stark auf allen Gebieten, ohne wirkliche Schwächen in einer Disziplin. Denn ohne zumindest gute Defensivfähgikeiten im Stand up oder in der Takedown- und Submissiondefense, kommt heute keni professioneller MMAler mehr aus. Und ein Champion schon dreimal nicht.

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