Who´s your Daddy? Andreas Kraniotakes im Interview

Andreas "Big Daddy" KraniotakesEr ist eine der wichtigsten Figuren in der deutschen Mixed Martial Arts Landschaft. Andreas „Big Daddy“ Kraniotakes. Nach zahlreichen Auftritten in TV Formaten und als spielbarer Charakter im EA Sports MMA, einem erfolgreichen Videospiel, nimmt sich der Koblenzer Zeit um für BOXHAUS Rede und Antwort zu stehen.

Boxhaus: In deinem letzten Kampf bei Cage Warriors FN 4 ging es es um nichts anderes als den Titel im Schwergewicht. Leider wurde der Kampf von Mike Hayes durch Submission beendet. Wann sehen wir dich wieder in Aktion? Wo trainierst du momentan und was nimmst du aus diesem Kampf mit?

Andreas Kraniotakes: Ja, das war ne doofe Sache! Ich trainiere im Moment zu Hause in Koblenz. Derzeit sind viele gute Leute regelmäßig bei mir. z.B. Thomas Buschkamp der meines Erachtens nach einer der besten Techniker der Bundesrepublik in Sachen Bodenkampf ist und Peter Sobotta, der einen Großteil seines Trainingscamps für MMA Attack 2 hier bei uns im Kampfsportgym absolviert hat.

Aus dem Kampf gegen Hayes nehme ich sehr viel mit. Z.B. dass ich nächstes Mal einfach besser aufpasse, wenn ich solche großen Kämpfe so kurzfristig annehme. Wenn ich optimale Trainingsbedingungen habe wie in Koblenz oder San Diego, dann geht es vielleicht in drei Wochen. Aber wenn ich mal irgendwo am anderen Ende der Welt sitze, dann sollte ich es mir doch etwas besser überlegen.

Zudem bin ich insgesamt gerade an einer Neustrukturierung meines kompletten Trainings. Ich nenne das Konzept „Big Daddy 2.0“. Aber mehr davon in kürze.

Wie denkst du über die Entwicklung der Mixed Martial Arts in Deutschland? Wie lange wird es deiner Meinung nach dauern, bis MMA hierzulande als „normale“ Sportart akzeptiert wird?

Das hängt wohl von vielen Faktoren ab. Ich denke, dass wir in den letzten Jahren schon einen enormen Schritt nach vorne gemacht haben. Die gesamte Szene hat sich professionalisiert und auch solidarisiert. Die Wahrnehmung unseres Sports wird immer besser, auch wenn die Erfolge Schritt für Schritt erzielt werden. Ich für meinen Teil kämpfe an der Medienfront, weil ich aufgrund vieler verschiedener Umstände einen Zugang dazu habe. Aber jeder MMAler da draußen steuert seinen Teil bei. Der eine indem er Veranstaltungen organisiert, der nächste indem er im Ring einen guten, saubern Kampf abliefert und der nächste, weil er ein treuer Fan ist und versucht andere zu missionieren. Wir können sicher keine Wunder erwarten, aber wenn wir weiter so agieren, dann ist es nur noch eine Frage von Jahren.

Würde ein Reality Format wie Ultimate Fighter in Deutschland weiterhelfen? Wie stehst du dem ganzen gegenüber? Würde es dich reizen bei TUF mitzumachen?

Ich denke es wäre sehr stark davon abhängig, welche Form das Format hätte. Wenn es manierlich aufgezogen wäre, dann könnte ich mir vorstellen, dass es weiter helfen könnte. Aber derzeit kann ich mir nicht vorstellen, welcher Sender sich trauen würde, dieses heiße Eisen anzufassen.

Ich persönlich würde gerne bei TUF mit machen. Allerdings lässt wohl die nächste Schwergewichtsstaffel noch ne Weile auf sich warten.

Siehst du dich selbst irgendwann in der UFC? Sind schon Planungen im Kopf? Mit deiner zweiten Heimat San Diego waren doch sicherlich schon Gespräche was einen Vertrag mit der UFC angehen könnte, oder?

Die UFC schwebt natürlich über der Karriere eines jeden MMA Kämpfers. Sie ist das ultimative Ziel. Der MMA-Himmel sozusagen. Allerdings habe ich schon viele Erfahrungen mit ihr und aktiven Kämpfern aus ihr sammeln können und bin zu dem Schluss gekommen, dass es auch schön sein kann außerhalb der UFC ein MMA-Kämpfer zu sein. Sollte mich mein Weg eines Tages dort hin führen, wäre dies die Erfüllung eines Traums. Aber ich werde die Brechstange in dieser Angelegenheit mal für ne Weile bei Seite schieben und einfach mein Dasein als Kämpfer genießen.

Erzähl mir von deinen ersten Schritten Richtung MMA. Nach einer erfolgreichen Zeit im Judo kamst du mit weiteren Kampfsportarten in Kontakt, bis du schließlich 2004 mit MMA begannst. Wie kamst du dazu?

Mir hat jemand gesagt, dass es ein Vollkontakt Turnier geben wird, bei dem alles erlaubt sein wird. Da habe ich direkt gewusst, dass ich dabei sein will. Ich habe sehr sehr hart trainiert um fit zu sein bei meinem Debut. Niemand wusste, was passieren würde. Die Veranstalter hatten sogar die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Nur Kämpfer und Teams durften anwesend sein. Am Ende war es eine großartige Erfahrung und ich habe mich an dem Abend mit dem MMA-Fieber angesteckt.

Erinnerst du dich an deinen ersten MMA-Fight?

Oh ja! Es war die erste Runde in einem Turnier. Mein Gegner war ein zäher Boxer. Irgendwie hatte ich die Idee es wäre schlau mit ihm zu boxen. Und das, obwohl ich noch nie vorher einen vollkontakt Kampf in einer schlagenden Sportart hatte. Glücklicher Weise ging ich als Sieger aus diesem Kampf hervor. Mein Gegner kam nach dem Kampf zu mir und versicherte mir, dass ich eine ziemliche Kelle schlagen würde. Das war eine schöne Bestätigung.

Denk mal zurück an dein MMA-Debüt…dachtest du damals, dass dies in einer Karriere als professioneller Kämpfer endet?

Nein, ich wollte mich als Person und Kämpfer weiter entwickeln. Es ging eher darum eine Grenzerfahrung zu machen. Ich hatte sogar meiner Mutter vor dem Turnier versprochen, dass ich im Falle eines Sieges nie wieder so etwas blödsinniges machen würde.

Als ich jedoch gewonnen hatte und mir klar wurde, dass ich nicht aufhören konnte, kaufte ich ihr Blumen und bat sie um Erlaubnis weiter machen zu dürfen. Heute ist sie der größte Big Daddy Fan von allen.

Was sind deine größten Schwächen in Sachen Training?

Ich denke, dass ich häufig zu nett bin im Training. Ich habe ständig Angst meinen Trainingspartner zu verletzen und nehme sie daher vielleicht nicht immer hart genug ran. Wenn man das zu sehr übertreibt, dann verlernt man es Gas zu geben. Und am Ende kämpft man ja auch wie man trainiert. Deshalb muss ich mich immer etwas zwingen härter zu sein zu meinen Trainingskollegen.

Wie motivierst du dich vor einem Kampf?

Ich stelle mir kurz vor wie toll es ist zu gewinnen. Dann vergesse ich den Gedanken wieder und erinnere mich dran, wie sehr ich es hasse zu verlieren. Das motiviert mich und von diesem Zeitpunkt an will ich einfach nur alles geben was in meiner Macht steht um dieses Gefühl nicht mehr erleben zu müssen.

Was denkt deine Familie über das kämpfen?

Zunächst waren sie schon kritisch. Aber sie haben gemerkt, dass mein Herz an dieser Sache hängt. Und da sie die beste Familie der Welt ist, supporten sie mich seitdem zu 100%. Das macht mich sehr froh und stolz!

Was war in deiner Zeit als Profi der größte Augenblick?

Die Veranstaltung in den USA zu headlinen. Ich sah Andrei Arlowski aus dem Cage gehen und bin nach ihm rein. Das war ein sehr surrealer Moment. Trotzdem war ich in der Lage meine Leistung abzurufen. Das hat mir die Bestätigung gegeben, dass ich in absehbarer Zeit oben mit mischen kann.

Wer hat deiner Meinung nach…neben dir, das größte Potential in Deutschland?

Neben mir? Ich habe nicht so viel Potential. Jedenfalls wenn ich mir ansehe, was der Nachwuchs gerade so treibt! Bei all den Leuten die derzeit schon in der UFC etc. sind ist es ja schon mehr als offensichtlich. Aber alleine in unserem Gym haben wir ein paar Jungs die, wenn sie in meinem Alter sind mich und mein Können in den Schatten stellen werden. Und das mit links.

Wir sind erst am Anfang der Entwicklung und es werden noch sehr viele großartige MMA-Kämpfer aus Deutschland kommen!

Wie lange hast du vor im Geschehen als Kämpfer mitzumischen? Und was wird danach folgen?

Ich werde so lange kämpfen, wie es für mich Sinn ergibt. Wenn ich irgendwann merke, dass ich nicht mehr so gut und hart trainieren kann wie ich müsste um optimal vorbereitet zu sein, dann werde ich aufhören. Spätestens dann werde ich mich auf das Coaching fokussieren und kann hoffentlich auch meine Arbeit als MMA-Analyst fortsetzen.

Zum Abschluss möchte ich dich noch auf deine Doktorarbeit „Kampfsport und die Auswirkung auf die Gesellschaft“ ansprechen. Wie kommst du da voran? Und erhoffst du dir dadurch vielleicht auch ein wenig mehr Akzeptanz des Sportes in Deutschland?

Na ja, wenn wir mal ganz ehrlich sind, dann wird sie eh niemand lesen. Die Leute werden wissen, dass ich irgendwas geschrieben habe. Was genau werde ich vielleicht einmal im Interview mit ein paar Sätzen erklären, aber ich denke nicht, dass die Arbeit an sich einen Unterschied machen kann. Merkwürdiger Weise gibt es jedoch Leute da draußen, die einen Menschen erst dann richtig ernst nehmen, wenn er einen bestimmten Bildungsgrad besitzt. Vielleicht gelingt es mir, an diese ignoranten Leute heran zu kommen auf diese Weise und ihnen klar zu machen, das selbst barbarische Käfigkämpfer wie wir etwas im Köpfchen haben können.

Leider ist das Leben als MMA-Profi ziemlich aufreibend und so bleibt nicht viel Zeit für dieses Projekt. Aber so oder so werde ich eines Tages die Arbeit zum Abschluss bringen. Es ist nur die Frage wann.

Boxhaus bedankt sich bei Andreas Kraniotakes, einem sympathischen und talentierten Kämpfer. Wir wünschen ihm für seine Laufbahn die größten Erfolge und hoffen, dass wir ihn noch lange als Fans dabei begleiten dürfen.

 

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