Cutman Christoph Tscharntke im Interview

Wir vom Boxhausblog hatten die Gelegenheit ein Interview mit dem Cutman Christoph Tscharntke zu führen, der uns einen Einblick in das Leben und die Arbeit eines Cutman gegeben hat. Das Interview wird in zwei Teilen erscheinen, heute gehts los mit Teil 1. Für alle, die Kontakt mit Christoph aufnehmen wollen, er ist bei Facebook unter folgendem Profil erreichbar: https://www.facebook.com/cutman.christoph Viel Spaß beim Lesen.

Boxhaus: Hallo Christoph. Du bist einer der wenigen professionellen deutschen Cutmen. Wie kommt man dazu, sich bei Kampfsportevents in die Ecke zu stellen die Wunden von Kämpfern zu versorgen?

Christoph:Hallo Stephan, ja also das hat bei mir eigentlich mehrere Gründe. Zunächst einmal habe ich selbst geboxt, das war zwar nur hobbymäßig und ohne die Teilnahme an Kämpfen, aber man konnte die ersten Berührungen mit dem Sport sammeln. Dazu kommt das ich eigentlich mein halbes Leben im medizinischen Bereich tätig war. Ich habe erst in der Krankenpflege gearbeitet und mich dann noch weiter gebildet zum Rettungsassistenten. Ich bin also auf einem Rettungswagen mitgefahren und habe dort natürlich sehr viel Erfahrung sammeln können in allen Bereichen der Notfallmedizin.

Der entscheidende Punkt, an dem ich mich entschieden habe, den Beruf des Cutman doch etwas intensiver zu betreiben war der, an dem mich ein guter Freund, welcher ein sehr erfolgreicher Profiboxer ist, gefragt hat ob ich ihn in der Ecke als Cutman betreuen würde. Diese Aufgabe hat mir dann wirklich sehr viel Spaß gemacht, so dass ich es nach wie vor mit absoluter Leidenschaft mache.

Boxhaus: Wie ich gehört habe, bist du aber nicht erst zu Beginn des Kampfes an der Seite deines „Schützlings“. Was genau ist deine Aufgabe?

Christoph: Nein und ich denke genau an diesem Punkt beginnt sich auch schon die Spreu vom Weizen zu trennen. Bei mir beginnt die Arbeit nicht erst ab dem Moment, wenn der Kämpfer in den Ringt läuft.

Ich beginne schon einige Tage eher den Kämpfer aus medizinischer Sicht auf den Kampf vorzubereiten. Sofern es die Zeit zulässt fahre ich mir mal ein Training angucken oder im besten Fall sogar ein Sparring. Hier kann ich dann schon erkennen, ob ein Kämpfer zu Nasenbluten oder Schwellungen neigt. Natürlich sehe ich hier auch ob sich ein Cut durch wenige Treffer schon abzeichnet. Jeder Kämpfer bekommt von mir eine kurze Anleitung für die letzten Tage vor dem Kampf, denn dort gibt es einige Tipps um die Blutungsneigung etwas zu reduzieren.

Weiterführend gebe ich Tipp zur Pflege der Haut, um diese etwas geschmeidiger und nicht so stark anfällig für Cuts zu machen. Am Tag des Kampfes bin ich der erste in der Kabine. Ich kontrolliere ob die Temperatur stimmt, ob genug Wasser da ist und sorge wenn möglich noch für etwas Frischluft in den meist sehr stickigen Kabinen. Dann beginne ich ganz in Ruhe mein Arbeitsplatz einzurichten, ich habe immer Musik bei, denn die meisten Kämpfer lenken sich gern etwas ab.

Ich bereitet alles vor um dem Kämpfer die Hände tapen zu können und besorge mir Eiswürfel, welche ja vom Veranstalter bei großen Kämpfen immer vor Ort sein müssen. Mein eigentliches Arbeitsgerät, auf welches ist später noch genauer eingehen werde, ist schon im Vorfeld perfekt vorbereitet. Ich überprüfe es nur noch ein letztes Mal auf absolute Vollständigkeit, denn in der Rundenpause muss jeder Handgriff sitzen.

Wenn der Kämpfer eintrifft handhabe ich das so, dass ich ihn eigentlich nicht mit Fragen oder dergleichen noch zusätzlich aus der Ruhe bringe. Ich tape ihm vor dem Kampf die Hände, so dass er sie später als Waffe im Ring benutzen kann. Diese Aufgabe erfordert auch viel Übung, denn macht man hier einen Fehler, kann es dazu führen, dass sich der Kämpfer im schlimmsten Fall die Hand bricht.

15 min vor dem Kampf bringe ich die erste Schicht Vaseline auf den gefährdeten Hautpartien auf um die Schläge des Gegners leichter abrutschen zu lassen und die Haut geschmeidiger zu machen, diesen Vorgang wiederhole ich im Ring direkt vor dem Kampf und in jeder Rundenpause.

Boxhaus: Bisher sieht man leider – vor allem im MMA-Bereich – nur recht selten professionelle Cutmen im Einsatz. Da ist eher der Betreuer vertreten, der nachdem er dem Kämpfer den Schweiß und das Blut vom Körper gewischt hat mit dem Handtuch über eine offene Wunde im Gesicht geht. Was denkst du, warum sich in dieser Szene der Einsatz von Cutmen noch nicht durchgesetzt hat?

Christoph: Dazu kann ich leider nicht wirklich viel sagen. Ich bin bisher nur im Boxbereich unterwegs gewesen, würde mich aber sehr freuen auch aus dem MMA Bereich Anfragen kommen würden.

Ich denke dieses Problem, welches ja mit Hygiene zu tun hat, haben wir im MMA als auch im Boxen.

Meiner Meinung nach liegt es daran, dass einerseits kein Geld für einen guten Cutman ausgegeben werden kann oder will und zum zweiten, denken die meisten es ist ja nur ein Cut da wische ich das Blut weg und weiter geht es. Wenn man sich Boxkämpfe im Fernsehen ansieht und mal die Cutman in den Ecken bewusst beobachtet, dann ist bei mir den Abend eigentlich schon gelaufen.

Es werden keine Handschuhe getragen, es werden Wattestäbchen in den Mund genommen, welche später in die Nase des Kämpfers gesteckt werden usw. Ich hoffe, dass es sich im MMA auch durchsetzt einen Cutman mit am Ring zu haben. Und ich für meinen Teil, würde mich freuen dort behilflich sein zu können.

Boxhaus: Mal eine Frage zur finanziellen Seite. „Lohnt“ es sich, auf den diversen Veranstaltungen als Cutmen zu arbeiten? Alleine davon leben wird man in Deutschland ja wahrscheinlich nicht können.

Christoph: Nein das kann man leider nicht. Man muss es wirklich mit Leidenschaft und Herzblut machen.

Um davon leben zu können reicht es absolut nicht aus. Ich glaube es gibt maximal 2-3 Menschen auf der Welt die vom Beruf des Cutman leben können. Es ist ehrlich gesagt nur eine Aufwandsentschädigung und ein kleiner Verdienst nebenbei. Ich habe auch nicht die Absicht, den Kämpfern das Geld aus den Taschen zu ziehen.

Wichtig ist, dass man hilft und dem Kämpfer ermöglicht ohne bleibende Schäden aus dem Ring zu steigen. Wer das Ziel hat, damit Geld zu verdienen dem würde ich abraten, denn da gibt es denke ich bessere Möglichkeiten. Man muss es mit Liebe und Herz machen nur das zählt.

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