Boxing Basics – Der starke Arm gehört nach hinten

Der nächste Teil unserer Serie der Boxing Basics beschäftigt sich mit der Frage, warum der starke Arm hinten sein sollte…und nicht vorne.

Was für viele als selbstverständlich erscheint, ist für manchen Anfänger nicht ganz klar. Immer wieder kommt es vor, dass die „Neuen“ den starken Arm vorne haben…da sie ja mit diesem „fester zuschlagen können“.

Die Frage ist also…soll ich meinen starken Arm hinten haben? Oder ist es taktisch klug, meine Ausrichtung zu ändern, um den stärkeren Arm vorne zu haben?

Eines kann man gleich sagen: Jeder Mensch hat eine natürliche Ausrichtung des Körpers…warum also sollte man diese bitte ändern?

In der klassischen Haltung steht der Boxer so, dass er mit seiner Führhand, dem schwächeren Arm vorne steht…warum ist das so? Ganz einfach…die Führhand ist dazu da, seine Reichweite herauszufinden und den starken Cross von hinten aufzubauen.
Somit hat der Boxer zwei effektive Hände…eine um den Gegner zu „öffnen“ und eine starke um dem Gegner Schaden zuzufügen.

Jetzt überlegt mal…wenn ihr eure starke, wirkungsvolle Hand also nach vorne verlegt, kämpft ihr letztendlich nur noch mit einer Hand. Die schwache Hand hinten wird unbrauchbar, da diese nicht die Kraft aufbringen kann, welche ihr für die hintere Hand benötigt…sie verliert also ihren Nutzen.

Die Führhand ist dazu da den Gegner aus dem Konzept zu bringen, die „Range“ zu finden, bis die Schlaghand die perfekte Möglichkeit bekommt zuzuschlagen.

Ist der starke Arm vorne, kann man vergleichsweise weniger Kraft im Schlag umsetzen, als man eigentlich möchte.
Offensiv oder Defensiv…die vordere Hand macht immer die Arbeit hinter der weniger Kraft steckt.
Mit dem starken Arm werdet ihr nicht „führen“ können…es ist viel wichtiger die starke Hand in Position zu bringen und dann durchzuziehen.

Ein häufiger Gedanken-Fehler ist, dass manch einer glaubt die hintere Hand wird automatisch stärker, egal welche es ist, da man ja Schwung hat. Der stärkste Schlag ist schließlich der Cross von hinten…der Schlag kommt von, wie gesagt, hinten und erlaubt uns die größte Rotation des Körpers und optimale Gewichtsverlagerung um die bestmögliche Kraft aufzubauen.
Warum sollte also bei einem Stellungswechsel nicht automatisch die schwache Hand mehr Kraft bekommen wenn sie hinten liegt? Probiert es einfach mal aus…man darf nicht vergessen, dass viel Kraft aus den Beinen kommt. Also geht es meist auf das Gegenteil hinaus…man hat einen schwächeren Arm, kombiniert mit dem schwächeren Bein. Dazu zählen wir einen weiteren Punkt, das schwächere Auge! Ja, richtig…
Die schwache Hand, das schwächere Bein, und dann auch noch das „schwächere“ Auge. Das ganze lässt sich nicht sehr einfach nachvollziehen, aber versucht doch mal auf dem Jahrmarkt an der Schießbude einen Preis abzuräumen, indem ihr das andere Auge zukneift und beim Zielen das schwächere Auge nutzt. Ich wette ihr geht ohne den übergroßen Spongebob nach Hause.

Warum aber wechseln einige Kämpfer ihre Haltung? Es muss doch irgendeinen Sinn ergeben, oder? Natürlich gibt es „Gründe“ warum man mit der starken Hand vorne stehen möchte…aber, diese sind es nicht Wert…

Grund 1: Ich möchte einen kräftigen Jab

Der Jab ist nicht dafür gedacht stark zu sein…beim Jab geht es um Geschwindigkeit und Genauigkeit…und letztendlich darum, den kräftigen Schlägen den Weg aufzubauen. Ich kann mich an keinen Jab erinnern der alleine durch die Kraft jemanden ausgeknockt hat.
Der Gedanke, mehr Kraft in einen Jab zu investieren um Schaden am Gegner zu erwirken ist meiner Meinung nach falsch und ersetzt die eigentliche Aufgabe des Jabs.
Mehrere schnelle, akkurate und leichtere Jabs sind effektiver als ein Jab mit voller Power.

Auch wenn einige Jungs oder Mädels ziemlich angetan von ihren kraftvollen Jabs sein mögen…wenn man einen starken Jab landet, verbraucht man zu viel Energie und hat definitiv keinen starken Cross mehr der folgen kann.

Grund 2: Als Rechtsausleger verwirre ich meinen Gegner

Mag ja sein…als Rechtsausleger gegen einen Rechtshänder zu kämpfen wird ihn verwirren…aber das war es auch. Wenn ein Rechtshänder als Rechtsausleger kämpft, hat er niemals die Vorteile eines echten Rechtsauslegers.
Kann man das denn nicht trainieren? Natürlich kann man das…aber es wird niemals so leicht fallen wie das Kämpfen in der natürlichen Haltung.
Man versucht sich also krampfhaft etwas anzueignen, was ein echter Rechtsausleger von Natur aus kann. Es kann einfach nicht der richtige Weg sein, sich einen anderen Stil anzugewöhnen, als der deiner natürlichen Haltung.

Grund 3: Ich bekomme einen starken Haken

Man kennt die ganzen Highlight Clips von YouTube…ein Haken und BOOM der Gegner geht zu Boden. Ich muss auch so einen Haken drauf haben um gefährlich zu werden…

Aber der Haken sollte nicht über dem Cross stehen!

Der Cross ist einer der wichtigsten Schläge…und definitiv einer der kraftvollsten!
Der Grund warum der Haken in den Knockout-Clips so erfolgreich ist…weil meistens der Cross den Gegner bereits zermürbt hat. Der Grund warum der Haken landete ist, weil der Gegner sich Gedanken über den Cross gemacht hat. Ohne einen starken Cross braucht sich der Gegner keine Sorgen zu machen. Er kann also den Fokus auf deiner Führhand lassen und somit fehlt der Überraschungseffekt des Hakens.

Selbst wenn ihr mit dem Cross keinen einzigen Treffer landet…die Gefahr davor muss groß genug sein, dass der Gegner auf Abstand bleibt.

Macht euch keinen Kopf über die letztendliche Power in eurem Haken. Der linke Haken kommt wenn möglich aus einem toten Winkel und bringt seine Wirkung auch ohne volle Kraft.
Der Cross hingegen beinhaltet pure Kraft.

Wir können stundenlang darüber diskutieren warum die stärkere Hand nach hinten gehört…aber ich denke wir haben alle verstanden warum.
Die Wissenschaft „Boxen“ bevorzugt einfach die natürliche Haltung…und je mehr man darüber nachdenkt, umso mehr wird einem klar…setzt man die starke Hand nach vorne, steht man letztendlich mit gar keiner starken Hand mehr da.
Die natürliche Haltung, sei es nun Links- oder Rechtsausleger…die natürliche Haltung gibt beiden Armen die nötigen Vorteile. Und im Boxen ist man mit zwei Armen in der richtigen Haltung am besten aufgehoben.
Es würde auch nie jemand bezweifeln, dass man mit zwei Beinen besser rennen kann als auf einem.

Es macht also keinen Sinn, sich irgendwelche tollen Ideen auszudenken um sein Können zu verbessern…es gibt kein Schlupfloch das euch auf einmal besser macht. Das einzige was euch eurem Ziel näher bringt ist harte Arbeit. Harte Arbeit und langweilige Wiederholungen…kein toller Einfall der euch plötzlich besser werden lässt.
Schaut euch Klitschko an…hier könnt ihr den wohl besten Jab der Welt sehen…aber seid euch sicher…in jeder einzelnen Trainingseinheit wird er diesen Jab, so perfekt er auch ist…immer wieder und wieder üben.

Das Wechseln der Haltung im Kampf ist nichts weiter als Spielerei…auf den ersten Blick wirkt es gekonnt und sorgt für Verwirrung…aber sobald der Gegner damit klar kommt habt ihr die Vorteile eurer natürlichen Haltung verloren und seid somit im Nachteil.

Aber auch dieses Mal möchte ich betonen, dass es nicht unmöglich ist, die Haltung im positiven zu wechseln…Oscar De La Hoya zum Beispiel kämpfte mit seiner starken Hand als Führhand. Was aber viele nicht wissen…De La Hoya hat einen Hintergrund als Fechter, einem Sport bei dem die vordere Hand die Waffe trägt.

Wie immer: Boxen ist ein Sport der euch Spaß machen soll! Letztendlich ist es euch überlassen was ihr macht…und wie ihr es macht. Euer Spaß, eure Zeit, eure Gesundheit, eure Leistung.
Dies hier sollen nur Gedanken über dieses Thema sein und niemanden dazu zwingen etwas zu tun, was er für falsch hält.

Natürlich gibt es auch Vorteile, wenn man die starke Hand vorne hält…aber ich bin mir sicher, die meisten Menschen werden mehr Nachteile als Vorteile daraus schöpfen.
Alleine die Trainingszeit die investiert werden muss, wird mit Sicherheit doppelt so lange sein, als wenn man die Übung in der natürlichen Position ausführen würde.

Lernt die Basics…und wenn ihr diese beherrscht könnt ihr immer noch versuchen, solche Spielereien einzubauen und kurz die Haltung zu wechseln.

Na denn…viel Spaß und bis zum nächsten Mal!

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