Andreas Kraniotakes – Willkommen in der Familie!

Schaut man auf die deutsche MMA-Szene, wird es niemandem gelingen an einem Namen vorbeizukommen:
Andreas „Big Daddy“ Kraniotakes.

Der Koblenzer mit Wurzeln in Deutschland und Griechenland ist der Vorzeigesportler, wenn es um das Thema MMA geht.

In den vergangenen Jahren konnte sich das Schwergewicht weltweit einen Namen machen und sich mit internationalen Stars den Abend teilen…

Boxhaus möchten den Erfolg und die Pläne des Big Daddy´s fördern und unterstützen, und so verkünden wir voller Stolz, dass Andreas Kraniotakes ab sofort unter der Boxhaus-Fahne kämpfen wird.

Wir freuen uns auf eine lange und ehrliche Zusammenarbeit mit Andreas, und können es nur nochmals erwähnen, dass er zu den sympathischsten Personen gehört, die der MMA Sport zu bieten hat.

Boxhaus: Hallo Andreas! Zu allererst einmal willkommen im Team! Wir sind sehr stolz darauf, dich bei uns begrüßen zu dürfen.
Andreas Kraniotakes: Hallo, ich bin auch sehr froh und bin bislang mehr als herzlich aufgenommen worden. Fühlt sich gut an!

Auch wenn ich es stark bezweifle, dass jemand dich noch nicht kennt…erzähl doch mal den neuen Fans wer du bist.
Wer bin ich? Das ist eine schwere Frage! Eigentlich lasse ich die lieber von anderen Beantworten.
Aber wenn ich es denn mal versuchen muss:

Ich bin ein großer Mann mit dem Herzen eines kleinen Kindes der sich wie Peter Pan weigert erwachsen zu werden. Ich will mit anderen Jungs raufen und kann mir nicht vorstellen morgens um sieben zur Arbeit zu gehen und dort auf meinen Chef zu hören. Ich liebe meine Mama, meine Familie, meine Freunde und ich liebe MMA. Alles andere müsst Ihr schon selbst heraus finden.

Was war in den letzten Jahren so bei dir los? Erzähl uns etwas von deinem Training und was sich so geändert hat…
Meinen ersten Profikampf hatte ich zwar 2005, aber als richtiger Profi kann man mich eigentlich erst seit 2009 sehen. In dem Jahr habe ich meinen Abschluss gemacht an der Uni und seit Ende 2009 habe ich mein Leben ganz auf den Sport ausgerichtet. Natürlich ist das ein Lernprozess der hierzulande weitaus schwieriger ist als z.B. in den Staaten.
Es ist nicht so als hätte mich jemand an der Hand genommen und gesagt: „Ach, Du willst Profi-Kämpfer werden? Komm ich zeig Dir was Du alles machen musst.“ Auch mein Training plane ich weitestgehend alleine.
Natürlich arbeite ich mit verschiedenen Trainern zusammen, aber einen Headcoach, der alles koordiniert und mir sagt was ich wann machen soll hatte ich in dieser Zeit nie. Alles in allem ist es ein kontinuierlicher Lernprozess den man eigenverantwortlich plant. Trail and error ist der einzige wirkliche Lehrmeister den ich da hatte.

Mit 12 Jahren begannst du mit dem Judo Training und warst darin auch sehr erfolgreich. 2002 hast du dich dazu entschlossen zusätzlich Boxen, Kickboxen und Wing Chun zu trainieren. Was kam danach?
Bei deinem ersten Wing Chun Turnier, welches noch ohne Regeln stattfand, konntest du zwei Gegner durch Knockout bezwingen…war das die Geburtsstunde deiner MMA Karriere?

Na ja, so erfolgreich war ich im Judo auch nicht.
Ambitioniert schon, aber ich war auf keinen Fall zufrieden!
Besagtes WT-Turnier war auf jeden Fall der Auslöser meiner Karriere. Da habe ich „Blut geleckt“ und ich wusste damals schon, dass mich das MMA-Fieber nie mehr loslassen wird. Ich hätte allerdings nie gedacht, dass ich es auch nur annähernd so weit schaffen könnte.

Wo trainierst du momentan?
Mein Wettkampftraining absolviere ich zum größten Teil in Balingen bei meinem Team den Planet Eatern.
Natürlich ist es ne Ecke weg von da wo ich wohne. Trotzdem ist es mein Zuhause geworden. Peter Sobotta hat mit Hilfe seiner Truppe ein neues Gym eröffnet und wir haben großes vor! Doch ich bin auch sonst viel unterwegs und trainiere beispielsweise regelmäßig in der Arena in Aschaffenburg. Letztlich ist meine Philosophie immer gewesen mit so vielen Leuten wie möglich zu trainieren. Das gilt für mich auch über Deutschlands Grenzen hinaus und abseits jeder „Politik“.

Du warst einige Zeit in den USA…wie war das Training dort? Kannst du uns ein paar Unterschiede nennen?
Zwischen dem MMA in Deutschland, und dem Trainingsniveau in den Staaten?

Ich bin ja eigentlich jedes Jahr für ein paar Monate drüben. Der größte Unterschied ist, dass einfach viel mehr Leute dort ihr Leben unserem Sport widmen. Das ist nur natürlich, denn dort ist es weitaus einfacher davon zu leben als hierzulande. Was nicht heißt, dass es einfach wäre. Ich kenne genügend UFC-Kämpfer die noch abends nach dem Training an der Tür arbeiten müssen um über die Runden zu kommen.
Die hohe Dichte an hochkarätigen Trainingspartnern macht wohl den größten Unterschied. Außerdem hat dort drüben fast jeder einen soliden Hintergrund im Ringen.
Insgesamt finde ich aber das durchschnittliche Level im Striking in Europa besser.
 Das sind erst mal ein paar grobe Unterschiede.

Wenn es in Deutschland um das Thema MMA geht wird dein Name immer wieder genannt. Du warst schon zu Gast bei diversen Talkshows und Protagonist bei Welt der Wunder.
Was macht dich zu dieser Vorzeigeperson, wenn es um Mixed Martial Arts geht?
Erfahrungsgemäß ist es eine Mischung daraus, dass ich Diplom-Pädagoge bin, mich einigermaßen artikulieren kann und eben diesen Sport betreibe. Das alles passt für MMA-Fremde auf den ersten Blick nicht richtig zusammen. Genau da setzen die Medien an. Die wollen natürlich Leute und Geschichten wo die Zuschauer animiert werden dran zu bleiben.
Aber auch unser Sport braucht das meiner Meinung nach. Wir sind ein sehr komplexer Sport, den man ohne Vorbildung nicht auf Anhieb verstehen kann . Deshalb ist es wichtig, dass wir es schaffen die Leute dazu zu animieren ein zweites Mal hin zu sehen – oder im besten Falle gar nicht erst weg zu sehen!

Was einige vielleicht noch nicht wissen…bei dem erfolgreichen Videospiel „EA Sports MMA“ warst du einer der spielbaren Charaktere…wie war das, sich selbst in einem Videospiel zu sehen?
DAS war einfach unglaublich! Meine Facebook- und Twitter-Gemeinde weiß es so gut wie meine Familie und Freunde: Ich bin ein Nerd. Ich liebe Videospiele seit meiner frühesten Kindheit und selbst einer der Protagonisten in einem Videospiel zu sein, mit meinem Namen und eigener Animation das ist definitiv die Erfüllung eines Kindheitstraums gewesen.
Selbst wenn ich von heute an jeden Kampf meines Lebens verlieren würde, könnte mir das niemals wieder jemand nehmen. Das ist doch schon mal was.

Du hast eine beeindruckende Kampfstatistik…von deinen 15 Siegen wurden alle vorzeitig beendet.
Bist du ein Kämpfer der alles auf Risiko setzt? Oder ist dein Kampfstil einfach so ausgelegt?

Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht wie ich das beantworten soll. Ich bin ein Kämpfer, so viel ist klar. Aber ich habe oft das Gefühl, dass ich jeden Tag eine andere Art von Kämpfer bin. Mal habe ich mehr Lust auf den Standkampf, mal finde ich den Bodenkampf besser. An einem Tag will ich mit dem Kopf durch die Wand, an einem anderen verliere ich mich zu gerne in Taktikspielchen. Eins kann man aber wohl schon sagen: der Wille zum Finish ist immer da! Aber teilweise bin ich für mich selbst nicht berechenbar. Das hat Vor- und Nachteile wie man sich denken kann.

2011 warst du als Main Event bei Pro Elite 2 zu sehen…wie war das Gefühl, auf internationaler Ebene gegen einen weltweit bekannten Gegner wie Tim Sylvia zu kämpfen?
Es war unglaublich hinter der Bühne zu stehen und Andrei Arlowski zuzusehen, während man realisiert, dass man als nächster dran ist. In der MMA-Hierarchie bedeutet dies ja, dass man eine größere Attraktion ist an diesem Abend.
Das ist selbst heute noch unvorstellbar für mich. Es war ein tolles Erlebnis und ich wünschte ich könnte noch mal da stehen mit mehr als 18 Tagen Vorbereitung.

Wie bereitest du dich körperlich und geistig auf einen Kampf vor? Hast du besondere Rituale?
Na ja, die körperliche Vorbereitung ist ziemlich komplex. Ich probiere bis heute die richtige Mischung aus Anspannung und Entspannung, aus Kraft-, Ausdauer-, Techniktraining und Sparring zu finden. Die Rituale vor dem Kampf haben fast alle mit meinem guten Freund Peter Sobotta zu tun. Wir beide verstehen uns mittlerweile blind vor, während und nach dem Kampf. Ohne ihn ist es schwer für mich den richtigen Groove zu finden.
Ein großer Teil meiner mentalen Vorbereitung ist Meditation und verschiedene Visualisierungstechniken. Die Rituale vor dem Kampf haben fast alle mit meinem guten Freund Peter Sobotta zu tun. Wir beide verstehen uns mittlerweile blind vor, während und nach dem Kampf. Ohne ihn ist es schwer für mich den richtigen Groove zu finden.

Du bist nicht nur im Ring gefährlich, sondern bist du auch beruflich ein ehrgeiziger Mensch.
Wie lässt sich das Leben als Diplom-Pädagoge und Kämpfer vereinen?
Erfahrungsgemäß bin ich persönlich dazu nur bedingt in der Lage. Ich habe ja auch eine Zeit lang mit Kindern und Jugendlichen mit Lernstörungen gearbeitet. Aber diese Art von pädagogischer Arbeit verlangt einfach, dass man regelmäßig da ist. Man wird zu einer Institution und emotionalen Stütze für die Beteiligten. Da ist es natürlich schlecht, wenn man für drei Monate auf einem anderen Kontinent ein Trainingscamp macht.
Deshalb habe ich diese Art der pädagogischen Arbeit aufgegeben und konzentriere mich auf Erwachsenenpädagogik.
In diesem Zusammenhang biete ich in erster Linie Motivations- und Produktivitätsseminare an. Diese Engagements sind zeitlich weitaus kurzfristiger und lassen sich besser mit dem Kämpferdasein vereinbaren. Außerdem lassen sich viele Erkenntnisse aus meinem Kämpferdasein mit einflechten.

Wissen deine Kollegen von deiner „anderen Seite“ und wie denken sie darüber?
Da ich sozusagen ein Ein-Mann-Unternehmen bin gibt es keine direkten Kollegen.
In meinen Seminaren baue ich häufig Erfahrungen und „Anekdoten“ aus meiner Kämpferkarriere ein. Das schafft Aufmerksamkeit und füllt das ganze mit Leben. Ich verstecke also nichts und habe das Gefühl, dass die Tatsache dass ich auch Kämpfer bin und nicht nur Pädagoge meine Arbeit verbessert.

Was bedeutet dir das Wort „Familie“?
Sehr viel! Ich habe so viel Familie, dass ich sogar sagen würde es hat mehr als eine Bedeutung für mich.
Ich habe eine deutsche Familie, eine griechische und seit kurzem auch eine russische. Dazu kommen meine Freunde. Die ich schon so lange kenne und ihre Familien auch, dass man sich adoptiert fühlt von vielen. Und natürlich gibt es dann noch meine Fight-Family. Diese sehe ich meist häufiger als meine anderen Familien. Wir sind auf Trainingscamps und bei Kämpfen zusammen und das ist ja schließlich der Alltag für uns. Und während diesen Zeiten hängt man natürlich eng auf einander und macht viele gemeinsame Erfahrungen. Das schweißt zusammen. Planet Eater ist Familie!

Was steht bei Big Daddy sportlich auf dem Plan? Werden wir dich wieder auf internationalem Parkett sehen?
Wer meine Karriere ein bisschen verfolgt, der weiß dass ich internationale Engagements lieber annehme als solche in Deutschland. Ich mag es mich mit internationaler Konkurrenz zu messen. Das war immer mein Anliegen. Und ich glaube dass das auch wichtig ist um den Sport hier in Deutschland groß zu machen. Es waren immer international erfolgreiche Sportler die ihre Sportart hierzulande voran gebracht haben. Für große Herausforderungen muss man sich optimal vorbereiten und dazu braucht man einen freien Kopf. Ein gutes, verlässliches Team um sich herum zu haben ist dabei das A und O und somit freue ich mich noch mehr Boxhaus mit an Bord zu haben.

Wie findest du die Bewegung die gerade durch MMA-Deutschland geht?
Ich weiß nicht genau auf welche Bewegung Du anspielst. Aber ich finde es sehr schön zu sehen wie sich die Szene entwickelt. Alles wird professioneller, größer und Facettenreicher. Für mich ist es wünschenswert, dass wir verschiedene Events mit unterschiedlichen Ansätzen haben, unterschiedliche Teams mit ihren Schwerpunkten und auch schon unsere eigenen Kultfiguren die polarisieren und für Diskussionsstoff sorgen. Es gibt mittlerweile schon eine Handvoll deutscher Gyms die sich im internationalen Vergleich nicht verstecken müssen und Kämpfer aus der BRD die es ihren internationalen Kontrahenten schwer machen. Das ist alles mehr als super.
Natürlich werden auch Politik und andere Irrungen und Wirrungen immer größer wenn der Kuchen größer wird und es kommen Trittbrettfahrer und andere unangenehme Gestalten vermehrt vor. Aber ich versuche das als „gutes Zeichen“ zu interpretieren. Das heißt dass wir eine gewisse Größe erreicht haben und eine gewisse Stufe der Wahrnehmung. All diese Dinge wären zu der Zeit als ich dem MMA-Zirkus beigetreten bin noch undenkbar gewesen.

Möchtest du uns noch verraten was der private Andreas so treibt?
Der private Andreas versucht so viel Zeit wie möglich mit seinen Lieben zu verbringen. Ich versuche so oft wie möglich meine Mom zu sehen, mit meinem Hund raus zu gehen und Zeit mit meiner Frau zu verbringen.
Wenn ich neben dem ganzen geschäftlichen und sportlichen noch Zeit habe bin ich ein leidenschaftlicher Zocker. Insbesondere rundenbasierte Strategiespiele sind ein Fable von mir. Aber eigentlich stehe ich auf alles was mit spielen zu tun hat – von „Twister“ bis Poker, vom Brettspiel zur Konsole!

Andreas, vielen lieben Dank für das Interview…wir freuen uns auf eine tolle Zusammenarbeit mit dir und sind uns sicher, dass wir die gleichen Werte und Ideen in unseren Köpfen haben.
Das letzte Wort möchte ich dann dir überlassen…
Danke, dass Ihr mich hier habt zu Wort kommen lassen. Ich freue mich Teil von Boxhaus zu sein und denke, dass wir nicht nur ausgezeichnet zu einander passen, sondern auch gemeinsam eine Menge für den Sport erreichen können.

Ossss

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