Klitschko vs. Leapai – Herausforderung oder Business as usual?

Am Samstag kommt es in Oberhausen zum 65. Profikampf von Wladimir Klitschko. Nachdem der Ukrainer zuletzt den Italiener Francesco Pianeta sowie den Russen Alexander Powetkin besiegen konnte, trifft er nun auf den Samoaner Alex Leapai.

Alex Leapei sieht auf den ersten Blick nicht so aus, als ob er Klitschko wirklich gefährlich werden könnte. Mit 1.83m ist „Löwenherz“, so sein Kampfname, ein recht kleines Schwergewicht. Zwar konnte er 24 seiner 30 Siege, bei 4 Niederlagen und 3 Unentschieden, per (T)KO einfahren, um einen neuen Tyson handelt es sich bei dem Linksausleger aber keinesfalls.

Dass Klitschko, der in diesem Kampf immerhin einen Größenvorteil von 15cm und einen Reichweitenvorteil von 16cm hat, weiß, wie er seine angeborenen körperlichen Vorteile einsetzen muss, ist außerdem hinlänglich bekannt. Was also spricht dafür, dass dem Samoaner am Samstag die Überraschung gelingt und er den seit 2004 ungeschlagenen Klitschko besiegen kann? Nun, wenn man ehrlich ist, nicht viel.

Klitschko ist seit seinen Niederlagen gegen Sanders (2003) und Brewster (2004) gereift. Hieß es bei früheren Kämpfen, dass der jüngere der Klitscko-Brüder mitunter immer mal wieder durch mangelnde Nehmerqualitäten auffällt, geriet er in den letzten Kämpfen eigentlich nie wirklich unter Druck. Zu dominant waren die Vorstellungen, zu groß die körperlichen Vorteile.

Dass gerade Leapai nun das gelingen soll, was einem Haye mit ähnlichen körperlichen Voraussetzungen schon nicht gelang, erscheint zweifelhaft. Einzig sein Sieg über den bis dahin ungeschlagenen Dennis Boytsov im November 2013 gibt Hoffnung, dass der Kampf eventuell doch die ein oder andere Überraschung birgt.

Wie ernst die generell sehr Klitschko-affine deutsche Presse den Samoaner nimmt, zeigte im übrigen die gestrige Pressekonferenz. Nicht Leapai stand im Mittelpunkt der Berichterstattung, vielmehr drehte sich alles um den mehr als peinlichen Auftritt von Ex-Champion Shannon Briggs, der vor laufenden Kameras sein T-Shirt zerriss und einen Titelkampf forderte. Nebenbei durfte Klitschko sich zur Lage in der Ukraine äußern. Ein Thema, das RTL ja bereits zur Promotion des Kampfes in seinen Werbetrailern nutzt, verspricht der heroische Einsatz des Bruderpaares für „höhere Werte“ doch Pathos und große Emotionen. Wo der Zusammenhang zwischen Politik und Boxen ist? Interessiert doch keinen. Dass auf der einen Seite in einem undurchschaubaren Konflikt viele Menschen ihr Leben lassen mussten und auf der anderen Seite ein stinknormaler Boxkampf steht, scheint dabei ebenso egal zu sein. Geschmacklos? Macht doch nichts, so lange genug Leute einschalten ist das verschmerzbar. 

Der Einzige, um den es an diesem Abend nicht zu gehen schien, war Klitschkos eigentlicher Gegner. Der schien zwar sehr ungehalten über das plötzliche Auftreten von Briggs und wollte dem Amerikaner am liebsten sofort zeigen, wo er seiner Meinung nach hingehört – nämlich KO auf den Boden – wurde von den Medien ansonsten aber weitestgehend ignoriert. Genau darin spiegelt sich die Krux der momentanen Schwergewichtsszene im Boxen: es geht nicht um spannende Kämpfe, es geht um das Produkt Klitschko. Egal gegen wen er boxt, er und seine enorme Vermarktbarkeit stehen im Mittelpunkt.

Das ist nicht seine Schuld, spiegelt aber das Dilemma wider, in dem sich das Boxen derzeit befindet. Denn sollten die Klitschkos irgendwann abtreten, steht – zumindest in Deutschland – die Schwergewichtsszene ohne „neue Helden“ dar. Und die boxerische Klasse Klitschkos und die Dominanz, mit der er seine Gegner im Regelfall sprichwörtlich zerlegt, sprechen nicht dafür, dass sich die Haltung der Medien in naher Zukunft ändern wird. Ganz zum Leidwesen von Boxern wie Leapai, die trotz hartem Training und aufopferungsvollem Kampf anscheinend nicht mehr sind, als austauschbare Figuren auf dem Spielfeld der Marketingmaschinerie.

Da wir die Hoffnung aber nicht ganz aufgeben wollen, werden wir am Freitag beide Kämpfer nochmals intensiv unter die Lupe nehmen und in einem Artikel die Stärken und Schwächen analysieren.

 

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