Ein Boxkampf mit (k)einem Verlierer und vielen Gewinnern

Abraham vs. Stieglitz III ist Geschichte, und trotz vieler kritischer Stimmen – meiner eingeschlossen – war es seit langem mal wieder ein Kampf, der das Versprochene auch wirklich hielt. Vollmundig versprach der übertragende TV-Sender Sat. 1 im Vorfeld des Duells den „deutschen Kampf des Jahres“. Auch wenn dies zum jetzigen Zeitpunkt im Jahr noch etwas verfrüht erscheint, gehörte der dritte Teil von Abraham vs. Stieglitz sicherlich zu den besseren Boxkämpfen, die wir in letzter Zeit im Fernsehen genießen konnten.

Während das deutsche Boxen momentan ein wenig unter mangelndem „Starnachwuchs“ leidet, konnten die beiden Kontrahenten gestern Abend zeigen, warum der Boxsport trotz aller anderslautender Kritik noch lange nicht tot ist.

Spannende 12 Runden wurden den Zuschauern vor Ort und vor den Fernsehern geboten, bei denen bis zuletzt nicht klar war, welcher der beiden Sportler letztlich zum Sieger gekürt werden würde. Zu eng war das Gefecht, das über die volle Distanz ging, zu ausgeglichen die Leistung beider Kontrahenten

 Stieglitz mit eingebautem Vorwärtsgang, dominiert die ersten Runden

 Robert Stieglitz, der im zweiten Kampf der beiden bereits mit einer couragierten Leistung beeindruckte, legte am gestrigen Abend nochmal eine Schippe drauf. Von Beginn an kannte der gebürtige Russe nur eine Richtung, und die hieß vorwärts. Er setzte Abraham von der ersten Runde an massiv unter Druck und drängte ihn mehr als einmal mit einem Schlaghagel in die Doppeldeckung an den Ringseilen.

Stieglitz schlug mit einer schier unglaublichen Frequenz zu, ohne jedoch dabei große Schlagwirkung bei Abraham zu hinterlassen. Für die Zuschauer war diese Art der Kampfführung sicherlich sehr unterhalten, Stieglitz hingegen könnten sie letztlich den Sieg gekostet haben.

 Abraham mit guter Deckungsarbeit und harten Händen

Während Stieglitz im letzten Drittel des Kampfes merklich die Puste ausging, konnte Abraham ungefähr ab dem zweiten Drittel bereits mehr und mehr punkten. Zwar war die Schlagfrequenz von Stieglitz weiterhin um einiges Höher, die härteren und vor allem klareren Treffer konnte aber Abraham setzen.

Nachdem beide Kämpfer einen – jeweils übertriebenen – Punktabzug für Schläge auf den Hinterkopf (Abraham) und Runterdrücken des Gegners (Stieglitz) bekamen, ging der Kampf ausgeglichen in die letzten Runden.

In der letzten Runde gelang es Abraham schließlich, Stieglitz mit einem harten linken Aufwärtshaken durch zu rütteln, um ihn kurze Zeit später hart mit einem rechten Haken zu treffen. Stieglitz, konditionell sichtlich gezeichnet, konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten und ging auf die Knie, woraufhin er vom Ringrichter angezählt wurde. Wäre der Kampf hier noch länger als die verbliebenen 20 Sekunden gegangen, wären wohl keine Punktrichter mehr nötig gewesen.

Letztlich rettete der Gong Stieglitz aber über die Zeit und das Duell der beiden musste sein Ende auf den Punktzetteln der anwesenden Punktrichter finden. Und wie so oft im Kampfsport, hatte das Punkteurteil mal wieder einen etwas bitteren Beigeschmack. Zwar ist der Sieg Abrahams auf Grund der harten Hände und des Niederschlags durchaus gerechtfertigt, was einen Punktrichter jedoch dazu veranlasste, den Kampf mit 115 zu 110 für Abraham zu werten, weiß wohl nur er selbst.

 Boxen – Totgesagte leben länger

Was bleibt nun, nachdem Abraham sich seinen Weltmeistertitel zurückerobern konnte? Einerseits ein Boxkampf, der all das, was Fans am Boxsport lieben, mit sich brachte. Spannung, Emotionen und Boxer, die alles gaben um den Sieg mit nach Hause zu nehmen. Andererseits, auf Grund des sehr engen Ergebnis eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass wir in diesem Jahr noch einen vierten Teil des Duells sehen werden. Stieglitz auf jeden Fall hat im Ring bereits seine Zustimmung für einen vierten Kampf signalisiert.

So oder so war es ein Kampf, der dem Boxsport in Deutschland einen enormen Auftrieb geben könnte. Letztlich gab es auch keine eindeutige Verlierer. Natürlich, Stieglitz hat den Kampf und seinen WM-Titel verloren, durch seine herausragende und mehr als beherzte Leistung hat er aber einige Fans dazu gewonnen und sich einen sofortigen Rückkampf verdient. während Abraham durch diesen Sieg dem vorzeitigen Karriereaus entgangen ist. Die größten Sieger sind jedoch die vielen Fans. Hoffentlich werden wir in Zukunft viele weitere Kämpfe solche Art sehen.

Für die beeindruckenden Fotos direkt vom Ring bedanken wir uns erneut bei Sportfotograf Sebastian Heger. Wie ihr seht: solltet ihr einen professionellen und vor allem sehr guten Fotografen für eure Veranstaltung brauchen, seid ihr bei ihm an der richtigen Adresse. Weitere Informationen findet ihr auf seiner Facebook-Seite.

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